Zum Ringen finden Kinder nicht nur, weil sie rangeln wollen. Vielen verhilft der Sport zu mehr Selbstbewusstsein und einem selbstsicheren Auftreten.

Der blaue Ringer-Anzug sitzt, die Spezialschuhe sind geschnürt, die Trainingsmatte ist ausgerollt. Wenn es nach Marten Taubert geht, kann das Training jetzt endlich beginnen. Er springt schon von einem Bein auf das andere. „Er ist bei jedem Training voll dabei und sehr motiviert“, sagt seine Mutter, die am Rande zuschaut. Ein Dutzend Kinder und Jugendliche haben gemeinsam mit zwei Trainern des SV Dresden-Mitte in der Sporthalle am Dahlienweg in Dresden-Cotta alles vorbereitet für die heutige Einheit. Los geht es mit Rolle vorwärts, Handstand und Aufwärmübungen. Es folgen Staffelspiele, bevor dann das spezielle Ringertraining zu zweit beginnt. Nebenan schwitzt die andere Gruppe derweil im Athletik- und Kraftkreis. Beim ersten Training schaute Marten nur zu. Dann aber begeisterte ihn die traditionelle olympische Sportart immer mehr. Heute versucht der Drittklässler, alle vier Trainingseinheiten pro Woche an den beiden Standorten in Cotta und Striesen wahrzunehmen. „Sechs Medaillen und zwei Pokale habe ich bei Bezirks- und Landesmeisterschaften schon gewonnen“, sagt der Achtjährige stolz. Jede Altersgruppe wird bei den Ringern in zehn Gewichtsklassen unterteilt – Marten ist in der DJugend Gewichtsklasse 31 kg vergangenes Jahr Landesmeister geworden. „Ich mag es, dass man beim Ringen alleine um den Sieg kämpft. Trotzdem halten alle zusammen und helfen sich gegenseitig“, erzählt er. Obwohl das Ringen in Dresden eine lange Tradition besitzt und die Stadt 1934 mit Hans Wittwer sogar einmal einen Vize-Europameister stellte, ist der SV Mitte heute der einzige Verein, der Ringen in der Landeshauptstadt noch anbietet. Groß ist die Konkurrenz an modernen Sportarten. Trainer Alexander Österle aber schwärmt vom Ringen. „Dabei geht es um Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination, Körperbeherrschung und Disziplin.“ Ihm aber geht es in seinem Ehrenamt noch um viel mehr: „Ich möchte, dass die Kinderfit bleiben und etwas für ihr Leben lernen.  Ringen sehen wir als Prävention sinnloser Gewalt. Einige Kinder, die zu uns kommen, haben in der Schule Schwierigkeiten im Klassenverbund oder mit Mitschülern. Wir wollen helfen, dass sie ihren Altersgenossen wieder selbstbewusster gegenübertreten können, weil sie beim Ringen ihren Körper besser kennenlernen und trainieren. Ganz oft gelingt uns das.“ 100 Mitglieder zählt die Abteilung Ringen des SV Mitte heute, davon 36 Kinder und Jugendliche. Mit fünf Jahren kann jeder mit dem Ringen anfangen und wird dann langsam an die technischen Raffinessen herangeführt. Gerungen wird entweder im griechisch-römischen Stil, bei dem alle Griffe nur oberhalb der Gürtellinie erlaubt sind,oder im Freistil, bei dem auch Aktionen zum Unterkörper und den Beinen möglich sind. In Martens Trainingsgruppe gibt es übrigens auch ein Mädchen. Paula Müller-Pereira ist 14 Jahre alt und die Exotin beim SV Mitte. Vom Tanzen wechselte sie zum Ringen. „Weil ich nicht die typische Figur einer schlanken Tänzerin hatte, ging mir irgendwann der Spaß verloren. Ich wollte aber weiter Sport treiben, um mein Gewicht zu halten. Als ich mich beim Ringen angemeldet habe, waren meine Freundinnen erst mal geschockt. Ich finde das gerade reizvoll, dass es nicht jedes Mädchen macht“, sagt Paula. Skadi Hofmann

Foto: Skadi Hofmann