Baden steht ganz oben auf der Hitliste der Sommeraktivitäten, kann aber auch gefährlich sein. Wie man Unfälle vermeidet, erklärt Jens Kruppa, Olympiamedaillengewinner 2000 und 2004 und heute Inhaber einer Schwimmschule.

Worin liegen nach Ihrer Erfahrung die größten Risiken für einen Badeunfall?
Eindeutig an erster Stelle steht die Überschätzung der Schwimmfähigkeiten – der eigenen ebenso wie der der Kinder. Im Bad und in meinen Kursen sehe ich, dass sich immer weniger Menschen souverän im Wasser bewegen können. Bei den Grundschülern sank die Quote der sicheren Schwimmer von über 90 Prozent Anfang/Mitte der 1990er-Jahre auf weniger als 50. Viele Eltern glauben jedoch, dass man die Kinder nach bestandener Seepferdchen-Prüfung unbesorgt ins Wasser lassen kann.

Was muss ein sicherer Schwimmer können?
Er sollte mindestens die Bedingungen für das Schwimmabzeichen in Bronze erfüllen: also 200 Meter in 15 Minuten zurücklegen und dabei die Schwimmart wechseln können. Hinzu kommen Tauchen und zwei verschiedene Sprünge. Es reicht also nicht, sich irgendwie über Wasser zu halten.

Wie schafft man den Sprung vom Anfänger zum Freischwimmer?
Noch wichtiger als Kraft und Ausdauer ist aus meiner Sicht die Fähigkeit, sich im Notfall ausruhen zu können. Ich bringe meinen Schülern immer zuerst bei, wie man sich bei richtiger Atmung mit ganz wenig Bewegung vom Wasser tragen lassen kann. Sie staunen dann, wie leicht und entspannt man sich in der sogenannten Toter-Mann-Position fühlt.

Was sollte man neben der realistischen Selbsteinschätzung noch beachten?
Auf jeden Fall sollte man die Baderegeln kennen und einhalten. Dazu gehört unter anderem, dass man sich abkühlt, bevor man ins Wasser geht, weil man den Kreislauf sonst zu sehr stresst. Nach der fettigen Currywurst mit Pommes sollte man sich eine Pause gönnen, weil Verdauung plus intensive Bewegung den Körper überfordern. In meiner aktiven Laufbahn ist es mir selbst passiert, dass ich zu kurz vor dem Start gegessen hatte und mich beim Anschlag übergeben musste. Vorsicht ist auch beim Springen geboten: Ist das Wasser tief genug? Traue ich mir den Sprung zu? Will ich tatsächlich von mir aus, oder drängt mich die Gruppe? Es ist mutiger, nein zu sagen, als ein Verletzungsrisiko einzugehen. Bei ungünstigem Auftreffen kann sich Wasser betonhart anfühlen.

Was sollte man speziell beim Baden mit Kindern wissen?
Kinder, die noch nicht sicher schwimmen, sollte man beim Baden immer beobachten oder begleiten. Selbst im 40 Zentimeter tiefen Wasser des Planschbeckens
können Kleinkinder ertrinken, wenn sie den Bodenkontakt verlieren und mit dem Gesicht ins Wasser geraten. Ich habe einmal ein Kind herausgezogen, das bäuchlings auf dem Wasser trieb. Es konnte sich nicht umdrehen und natürlich auch nicht schreien. Die Gefahr, in eine solche Lage zu geraten, besteht übrigens auch mit einer Schwimmhilfe.

In welchem Alter sollten Kinder schwimmen lernen?
Manche Eltern fragen schon nach einem Schwimmkurs für ihr Drei- oder Vierjähriges. Damit muten sie dem Kind in der Regel aber zu viel zu, denn die motorischen und koordinativen Fähigkeiten sind in diesem Alter noch nicht ausreichend – gerade heute in Zeiten des Bewegungsmangels. Mit sechs Jahren sollten die meisten Kinder so weit sein. Und dann haben sie auch schon ein Gefühl für die Gefahren.

Wie sieht es mit den Schwimmfähigkeiten der Erwachsenen aus?
So genau wie bei den Schülern ist das nicht bekannt, aber in meine Erwachsenenkurse kommen 20- bis 70-Jährige. Viele haben zwar irgendwann einmal
schwimmen gelernt, sind aus den unterschiedlichsten Gründen aber unsicher geworden. Meist reichen wenige Stunden, damit sie sich wieder besser im Wasser
fühlen – was ja nicht nur fürs Schwimmen selbst, sondern auch für viele andere Wassersportarten wichtig ist.

Weitere Infos zu Jens Kruppa und seiner Schwimmschule unter: jens.kruppa.de

Text: Birgit Hilbig

Als Schwimmlehrer arbeitet Jens Kruppa heute vor allem am Beckenrand.

Foto: privat