Ob am Smartphone oder PC: Auch Kinder begegnen bereits Künstlicher Intelligenz. Anne Hilliger und Sebastian Knappe vom Medienkulturzentrum Dresden klären über mögliche Risiken auf und geben Tipps.
So wie einst das Internet, wird die Künstliche Intelligenz unser Leben grundlegend verändern – das tut sie an einigen Stellen bereits. Bei Tech-Giganten wie Google, Meta, Amazon und X sind Daten eine Währung und User die dazugehörige Ressource. Die Plattform jugendschutz.net kommt in ihrem Jahresbericht zum Schluss, dass das Gefährdungspotenzial für Kinder und Jugendliche im Netz zugenommen hat. Statt Kinder aber vom digitalen Leben fern-zuhalten, ist Aufklärung entscheidend. Die Experten für Medienbildung Anne Hilliger und Sebastian Knappe erklären, wieso.
Inwiefern wirkt Künstliche Intelligenz bereits im Leben von Kindern?
In den sozialen Netzwerken findet KI schon seit vielen Jahren Verwendung. Dort eingesetzte Algorithmen lernen durch unser Verhalten und beeinflussen unsere Navigation durchs Netz. Was Kinder auf den sogenannten „For You“-Pages auf TikTok und Co. sehen, sind durch Algorithmen empfohlene Inhalte. Durch Large Language Models (generative Sprachsysteme) ist eine neue Technologie in die Kinderzimmer eingezogen, die den Kindern und Jugendlichen mit Anwendungen wie Character.ai virtuelle Chatpartner anbietet. Nun kann man mit dem Lieblingsstar oder einem Filmcharakter chatten – die Grenze zwischen Realität und Virtualität verschwimmt zunehmend. Auch Smartphones und Sprachassistenz-Geräte werden in Zukunft mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sein.
Welche Medienkompetenzen sind im Hinblick auf KI besonders wichtig?
Angesichts der rasanten technischen Entwicklung ist kritisches Denkvermögen nötig. Noch können wir bei KI-Bildern etwa anatomische Unwahrscheinlich-keiten feststellen, aber diese Fehler werden bald selten. Kinder müssen lernen, Informationen und deren Quellen zu hinterfragen. Zudem ist ein grobes Verständnis dafür, wie und wo KI zur Anwendung kommt, nützlich. Heranwachsenden sollte generell ein Interesse dafür vermittelt werden, den Einfluss von KI und digitaler Technik auf die Gesellschaft mitzugestalten. Das ist essenziell, damit Kinder sich an den zukünftigen KIDiskursen beteiligen können.
Welche Gefahren lauern bei unzureichender Aufklärung?
Es muss uns allen bewusst sein, dass im Internet Falschinformationen kursieren, die zur Schädigung des demokratischen Wertesystems führen können. Rechts-populistische Influencer sind auf dem Vormarsch und künstliche Intelligenz wirkt hier als Katalysator. Ein anderes Problem ist die Verbreitung von sogenannten Deepfakes. Hierbei handelt es sich um täuschend echte, manipulierte Fotos und Videos, die reale Personen zeigen – diese Technik wird beispiels-weise beim Erstellen gefälschter Nacktbilder eingesetzt. Die Zahl von Delikten im Bereich der Kinderpornografie ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Deepfakes befeuern diesen Trend und machen eine Rückverfolgung durch die Behörden kompliziert. Zusätzlich ist zu beobachten, dass Minderjährige derartige Inhalte untereinander teilen, ohne zu wissen, dass dies eine Straftat ist.
Was können Eltern und Schulen tun?
Quellenkompetenz, Datenschutz und allgemeine Medienkompetenz sollten mehr Platz in der Schule bekommen. Unsere Empfehlung ist es – und das gilt nicht nur im Bereich Künstlicher Intelligenz – Kinder und Jugendliche bei ihrer Mediennutzung zu begleiten. Schauen Sie gemeinsam auf die Inhalte, legen Sie Nutzungsregeln fest, formulieren Sie Grenzen und gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Informieren Sie sich über die datenschutzrechtlichen Grundlagen und die Kennzeichnungen von Inhalten, um besser einschätzen zu können, was gut für Ihr Kind ist. Weiterhin ist es von Vorteil, zumindest ein Grundverständnis davon zu erhalten, wie Künstliche Intelligenz funktioniert, in welchen Bereichen sie Anwendung findet und wie man KI-generierte Beiträge erkennt. Bei alledem gilt: Zeigen Sie Ihren Kindern, dass sie selbst manche Phänomene nicht kennen, hinterfragen Sie neue Technologien und versuchen Sie, gemeinsam mit den Kindern Antworten zu finden.
Gespräch: Viktor Dallmann
Künstliche Intelligenz
Wer sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz weitergehend beschäftigen will, findet beim Medienkulturzentrum allerhand Veranstaltungs-Angebote.
Das Medienkulturzentrum bietet rund um das Thema Künstliche Intelligenz immer wieder Informationsveranstaltungen und Kurse für Eltern, Kinder und Multiplikator*innen an. Die meisten dieser Veranstaltungen sind kostenfrei. Sie werden zum Teil online und zum Teil vor Ort im Kraftwerk Mitte oder bei verschiedenen Kooperationspartnern veranstaltet, wie den Städtischen Bibliotheken oder der Volkshochschule.
Veranstaltungstipps
Den Auftakt bildet eine Veranstaltung für Erwachsene am 22. Oktober in der Stadtbibliothek Dresden-Neustadt. Unter dem Titel „Künstliche Intelligenz“ wird es von 18.30 bis 20 Uhr einen allgemeinen Überblick zum Thema geben. Zudem geht es um Fragen, wie diese künstliche Intelligenz überhaupt funktioniert und was das für unsere Gesellschaft bedeutet. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldung unter neustadt@bibo-dresden.de oder Telefon 0351/8030841.
Weiter geht es am 26. Oktober mit dem MINTA*Hackday – Jugend hackt. Das kostenfreie Angebot zu Coding, Making, Hacking richtet sich an Mädchen, Inter, Nicht-Binäre, Trans- und Agender-Personen zwischen 12 und 18 Jahre. Anmeldungen über https://jugendhackt.org
Am 30. Oktober beschäftigt sich die Reihe „Digital Fight Club“ mit dem Thema KI und Politik. Diese Veranstaltung wird sowohl im Medienkulturzentrum als auch per Livestream zu verfolgen sein.
„Nachrichten aus der Maschine?“ fragt ein kostenfreier Online-Vortrag am 28. November und beleuchtet dabei den Einsatz von KI und Automatisierung im Journalismus. Anmeldung über die Volkshochschule Dresden: www.vhs-dresden.de
Jeden zweiten Mittwoch treffen sich Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren unter dem Titel „Open Lab“ in den Technischen Sammlungen Dresden. Hier kann Code gelernt, programmiert und vieles mehr umgesetzt werden. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Coding, Making und Hacking steht auch bei der Weihnachtsedition der „Langen Nacht des Hackens“ am 7. Dezember von 11 bis 22 Uhr im Mittelpunkt. Anmeldungen über https://jugendhackt.org
Außerdem bietet das Medienkulturzentrum Projekte in Schulen an. Diese können die Lehrkräfte für ihre Schulen buchen. Die Buchung erfolgt über die Website: https://medienprojekte-sachsen.de. Auch eine individuelle Sprechstunde ist nach Vereinbarung möglich: Telefon 0351 /21296843.
Weitere Infos: www.medienkulturzentrum.de

Auf Plattformen wie TikTok begegnen Kindern KI.
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