Torsten Siegemund und Torsten Weber nahmen eine längere Elternzeit und geben ihre Erfahrungen weiter.
Väter von heute gehen neue Wege, weiß Torsten Siegemund aus eigener Erfahrung und aus seiner Arbeit im Männernetzwerk Dresden e. V. Er ist 38 Jahre alt, Sozialpädagoge und Projektkoordinator des Vereins in der Schwepnitzer Straße 10. Der veranstaltete vor zwei Jahren einen Fotowettbewerb „VäterBilder“, der als Wanderausstellung und Kalender auf große Resonanz stieß. Zu sehen waren Väter als Stütze, als „Kopfkissen“, als Freund, Clown, Fußballexperte, Vorbild und Berater, als vor Glück platzender und liebevoller oder auch als unsicherer, sensibler und Unterstützung suchender Mann. Immer mehr Väter nehmen eine „Babypause“. Mit 46,7 Prozent ist Sachsen da bundesweit Spitze. 2017 pausierten laut Sächsischem Sozialministerium 25 763 Väter beruflich für ihren Nachwuchs, fast 3 000 mehr als im Vorjahr.
„In der zweiten Elternzeit, kurz vor Oles erstem Geburtstag, waren wir in Spanien und haben dort als Familie auf kleinstem Raum in einem Bus gelebt“, erzählt Torsten Siegemund. „Die Beziehung zu den Kindern ist durch die gemeinsamen Erlebnisse in den sechs Wochen besonders stark geworden. Noch nach drei Jahren kann sich unser fünfjähriger Felix sehr gut daran erinnern.“
Bei der Elternzeitdauer herrscht allerdings ein Ungleichgewicht, ergänzt Torsten Weber, ebenfalls Sozialpädagoge, Vater von zwei Kindern und Leiter der Fachstelle für Jungen und junge Männer im Männernetzwerk Dresden. „Väter gehen meist nur zwei oder drei Monate in Elternzeit, während Mütter im Durchschnitt 11,6 Monate zu Hause bleiben.“ Einen Schritt weiter zu gehen und halbe-halbe zu machen oder als Papa bewusst länger zu bleiben, „das erfordert die Offenheit des Paares ebenso wie die Bereitschaft der Arbeitgeber, Männer auch länger in Elternzeit gehen zu lassen, ohne dass sie sich Sorge um ihren Job oder wegen eines Karriereknicks machen müssen“. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten und ausreichend Betreuungsangebote. Oft fällt die Entscheidung ganz pragmatisch: Wer mehr verdient, geht arbeiten, der andere bleibt zu Hause. Das ElterngeldPlus in Höhe von 67 Prozent des Vorjahreseinkommens kann bis zu 32 Monate lang bezogen werden und ermöglicht Paaren, sich die Erwerbs- und Familienarbeit zu teilen. Torsten Weber etwa war nach der Geburt seines zweiten Sohnes Yanis gemeinsam mit seiner Partnerin in Elternzeit. Wie schon beim ersten Sohn Juri, der jetzt viereinhalb Jahre alt ist. „Solch eine frühzeitige Elternzeit sehe ich eher als Entlastung der Mutter, denn als gehstaltbare Interaktion mit dem Kind“, sagt er. „Natürlich kann ich Yanis Zuwendung, Nähe und Geborgenheit vermitteln, ihn hochnehmen, wickeln und im Wagen umherfahren. Wenn er allerdings Hunger hat – und er hat oft Hunger – führt der Weg, dank lautstarker Proteste, stracks zur Mutter zurück. Als Vater steht man mit dem Gefühl da, nicht zu genügen … Aber zum Glück weiß ich ja, dass das völlig normal ist und sich bald ändern wird.“
Mit Juri war Torsten Weber ab dessen siebentem Lebensmonat für ein halbes Jahr in zweiter Elternzeit, während seine Partnerin wieder arbeiten ging. „In dieser Zeit gibt es für den Vater mehr zu tun und mit dem Kind zu erleben: spielen, singen, Bücher anschauen, füttern, spazieren fahren oder tragen. Ich hatte so meine Routinen: Nach dem Frühstück mit dem Wagen eine Runde durch den Stadtteil, bis das Kind eingeschlafen war, dann nach Hause: aufräumen, abwaschen, Brei kochen, füttern, wieder raus, schlafen usw.“ Während er beim Babyschwimmen vereinzelt noch andere Väter traf, waren beim Pekip ausschließlich Mütter. „Das macht für das Kind keinen Unterschied. Aber als Mann in einer reinen Frauenrunde gibt es in Gesprächen manchmal thematisch wenig Berührung, ich hatte schon ein bisschen das Gefühl des Exoten.“ Daher sei er auch mal zum Papacafé nach Pieschen gefahren. Zur Eingewöhnung im Kindergarten waren wieder ein paar mehr Väter zu sehen, was sicher an den „Vätermonaten“ lag: jenen zwei Monaten, die länger gezahlt werden, wenn beide Partner Elternzeit in Anspruch nehmen. „Inzwischen hat sich die Angebotslandschaft erweitert. Für einen Väter-Krabbeltreff oder ein Väterfrühstück muss ich nicht mehr durch die ganze Stadt fahren“, sagt er.
Text: Lilli Vostry, Foto: privat