Niemand kann sich im Wasser schwimmend schneller fortbewegen als Flossenschwimmer. Mit ihrer Monoflosse will es Franca Richter demnächst in die Nationalmannschaft schaffen.

Wenn Franca Richter durch das 50-Meter-Becken an der Freiberger Straße taucht, sieht das anmutig und elegant aus. Wellenartig gleitet sie durch das Wasser, bis die große, schwere Monoflosse bei der Wende mit einem lauten Knall am Beckenrand anschlägt. Die Schwimmer auf den Nebenbahnen hat Franca längst abgehängt. „Das Flossenschwimmen ist die schnellste Schwimmsportart. Das macht für mich auch den Reiz aus“, erzählt uns die aufgeweckte Zwölfjährige. Immerhin liegt der Weltrekord über 50 m Apnoe der Männer bei 13,85 Sekunden. Wir begleiten die Finswimmerin vom Tauchverein TC Dresden-Mitte zu einer ganz normalen Trainingseinheit. Es ist längst dunkel draußen, wenn Franca gegen 18 Uhr ins Wasser taucht. „Wir schwimmen uns mit zwei Flossen ein, bevor wir dann auf die Monoflosse wechseln.“ Und dieser Wechsel hat es in sich. Franca und ihre Trainingskolleginnen holen aus ihren großen Flossentaschen ungewöhnliche Hilfsmittel heraus. „Die Flossen müssen richtig eng sitzen, sonst haben die Sportler im Wasser keinen Halt“, erklärt Trainer Stefan Hoffmann. Franca zieht zunächst schwarze Neoprenkappen über ihre Füße, dann schmiert sie Spülmittel darauf und reibt die Fersen mit Melkfett ein. Ihre Trainingspartnerin benutzt Mozzarellatüten als Überzieher. Und auch bei den Spezialschnorcheln behelfen sich die Finswimmer, die ihr Material nicht einfach im Fachgeschäft um die Ecke kaufen können. BH-Verschlüsse und Fahrradschläuche dienen dazu, die Schnorchel auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden und sie länger haltbar zu machen. Das Flossenschwimmen hat seinen Ursprung in der ehemaligen UdSSR und wurde zur militärischen Ausbildung von Kampftauchern genutzt, bevor es sich in den 1960er-Jahren zum Wettkampfsport entwickelte. „Flossenschwimmen ist in Osteuropa und auch in manchen südeuropäischen Ländern deutlich stärker verbreitet als bei uns. An gutes Material ist nicht so einfach heranzukommen“, sagt Francas Mutter Silke Richter. Sie fährt ihre Tochter fast zu jedem Training und ist auch bei den meisten Wettkämpfen dabei. Immerhin ist Franca in diesem Jahr Deutsche Vizemeisterin in ihrem Jahrgang 2004/05 geworden. In Sachsen ist sie derzeit die Beste in ihrem Alter. „Ich bin durch meinen Opa zum Schwimmen gekommen und wurde dabei auf das Finswimming aufmerksam. Beim Flossenschwimmen macht man alles mit dem Rumpf und dem Bauch. Es ist ein Kraftsport, bei dem man die Arme fast gar nicht braucht. Ich fand es interessanter und bin geblieben“, erinnert sich die Siebtklässlerin aus Radeberg. Unterschieden wird in das Flossenschwimmen mit Schnorchel (FS), das Streckentauchen mit Pressluftflasche (ST) und die 50 m-Apnoe-Disziplin, bei der weder Schnorchel noch Flasche verwendet werden. Ähnlich dem Schwimmen gehen die Sportler über Strecken zwischen 50 und 1 500 m an den Start. Wo sie hinwill, weiß Franca Richter schon genau: „Ich möchte in die Jugend-Nationalmannschaft aufgenommen werden und dann auch an großen internationalen Wettkämpfen teilnehmen.“ Ihr Vorbild schwimmt im Training oft direkt neben ihr: die Dresdner Jugendweltmeisterin über 50 m Apnoe, Michéle Rütze. Von ihr schaut sie sich technische Feinheiten ab. Und dann wäre da noch Trainer Reiner Dietze, den sich Franca sehnlichst zurück an den Beckenrand wünscht. „Wie alle Trainer im Flossenschwimmen arbeitet er ehrenamtlich. Nun musste er sich eine Auszeit nehmen, um sich wieder mehr auf seinen Job konzentrieren zu können. Er fehlt Franca sehr“, erklärt Silke Richter, und ihre Tochter schwärmt: „Er hat Michéle zur Jugendweltmeisterin geformt, und das nicht nur durch gutes Training, sondern auch durch seine Art, jeden gleich zu behandeln, sich für alle seine Sportler zu interessieren, sich unsere Sorgen anzuhören. Er ist streng und doch witzig. Wir hoffen, dass wir ihn überreden können, bald wiederzukommen.“ Bis dahin trainiert Franca bei den anderen drei ehrenamtlichen Übungsleitern der Startgemeinschaft Dresden. „Sie ist sehr talentiert, hat die Technik mit der Monoflosse deutlich schneller erlernt als andere, und sie ist eine Kämpfernatur“, sagt Stefan Hoffmann. Noch ist das Flossenschwimmen zwar nicht im olympischen Programm, Franca aber hofft, dass ihre Sportart 2024 in Paris dann dazugehört. Dann wäre sie 19 Jahre und damit im besten Alter für ihre erste Olympiateilnahme. Skadi Hoffmann

Weitere Infos:

Die Flossenschwimmer der Tauchclubs Dresden-Mitte und Dresden-Nord trainieren an der Freiberger Straße, in Bühlau und in Klotzsche.
Weitere Infos unter www.startgemeinschaft-dresden.de

Fotos: Skadi Hoffmann