Im zeitigen Frühjahr werden in Dresden wieder rund 3,3 Kilometer Amphibienzäune aufgestellt. Ehrenamtliche Betreuer kontrollieren die Fangeimer.

Wenn die Bodentemperatur acht Grad plus erreicht und die Luft feucht genug ist, machen sich die Kröten auf den Weg: Sie wandern von ihren Landlebensräumen zum Wasser, um sich dort zu paaren und die Eier abzulegen. „Alle heimischen Amphibien sind für ihre Fortpflanzung auf Wasser angewiesen“, heißt es beim Dresdner Umweltamt. „Da bleibt es nicht aus, dass auch stark befahrene Straßen überquert werden müssen.“ Und die sind für die Tiere eine große Gefahr: Ein schnell fahrendes Auto, so die Experten, töte Amphibien auch dann, wenn sie „zwischen die Räder genommen“ würden. „Sie sterben durch die entstehenden Luftdruckunterschiede. Ihre inneren Organe zerreißen auch ohne direkten Fahrzeugkontakt.“ Damit so etwas möglichst selten passiert, werden betroffene Straßenränder mit Krötenzäunen versehen – in Dresden erledigt das der Regiebetrieb Zentrale Technische Dienste. Die längsten Zäune stehen im Umfeld der Dresdner Heide, aber es gibt auch viele kürzere in anderen Stadtgebieten. „Unterm Strich kommen 3,3 Kilometer zusammen“, sagt Harald Wolf vom Umweltamt. „Der Beginn der Arbeiten richtet sich nach den Wetterprognosen und den Beobachtungen ehrenamtlicher Naturschützer.“ An den Kunststoffzäunen stehen in regelmäßigen Abständen Fangeimer, in die die Tiere fallen, wenn sie das Hindernis zu umgehen versuchen. „Diese Eimer müssen jeden Morgen und Abend kontrolliert werden“, so Wolf. „Sonst trocknen die Tiere aus oder werden gefressen.“ Eingefangene Amphibien werden von den ehrenamtlichen Zaunbetreuern auf die andere Straßenseite gebracht, wo sie ihren Weg zum Gewässer fortsetzen können. Laut Wolf braucht es schon eine gehörige Portion Tierliebe und Idealismus, um eine solche Aufgabe zu übernehmen. „Da die Krötenwanderung wegen Kälte immer mal wieder stoppt, dauert sie im Schnitt etwa drei Wochen.“ So lange müssen die derzeit 15 bis 20 Betreuer durchhalten. „An manchen Stellen helfen auch Kinder. Sie lassen sich dadurch für den Naturschutz begeistern und engagieren sich später vielleicht selbst.“ Besonders an der Stadtgrenze bei Liegau- Augustusbad sei Unterstützung willkommen. In den vergangenen Jahren wurden jeweils rund 22 000 Amphibien „über die Straße getragen“. Am stärksten vertreten waren die Erdkröten; doch in den Eimern fanden sich auch Gras- und Springfrösche, Teichmolche und Knoblauchkröten. Neben den Folienzäunen, die alljährlich auf- und abgebaut werden, gibt es sogenannte „stationäre Amphibienleiteinrichtungen“. Sie bestehen aus einer festen Wand und Betondurchlässen unter der Straße, auch „Krötentunnel“ genannt. In Dresden befindet sich die größte dieser Anlagen an der Ullersdorfer Straße; weitere wurden An der Prießnitzaue in Weißig, an den Nixenteichen zwischen Cunnersdorf und Schönfeld, an der Dresdner Straße in Langebrück, an der Weinbergstraße in Cossebaude sowie an der Dohnaer Straße in Höhe der Ziegeleigruben und an der Bautzner Straße beim Schloss Albrechtsberg installiert. All diese Vorsichtsmaßnahmen können natürlich nicht verhindern, dass Amphibien auch über die Straße wandern. Autofahrer werden deshalb gebeten, an solchen Stellen – erkennbar am Verkehrszeichen mit der Kröte – besonders vorsichtig zu fahren. Und wenn man sich dabei nicht selbst in Gefahr begibt, kann man auch mal einem Tier über die Fahrbahn helfen. Entgegen manchen Vorurteilen sind Kröten nämlich kein bisschen eklig und fassen sich auch nicht glitschig an. Und zur „Wanderzeit“ lassen sich die sonst eher versteckt lebenden
Tiere am besten beobachten. Birgit Hilbig

Foto: Sebastian Schmidt, Umweltamt

Foto: Sebastian Schmidt, Umweltamt